Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

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Prignitzer43
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Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von Prignitzer43 am 07.04.2009 11:27

Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.
Ingeborg Bachmann, Schriftstellerin, 1926 - 1973

Wahrheit kann eine Keule sein, mit der man andere erschlägt.
Anatole France, Schriftsteller, 1844 - 1924

Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu sengen.
Georg Christoph Lichtenberg, Physiker und Schriftsteller, 1742 – 1799

Die ganze Zivilisation ist abhängig davon, dass sich Menschen nicht jederzeit schonungslos die Wahrheit sagen, dass sie nicht mit trompetenhafter Ehrlichkeit kundtun, was sie von anderen halten. Der tyrannische Drang zur kompromisslosen Offenheit würde zu Zerwürfnissen führen, die sich zu einer ungeheuren Aggression aufladen. Dezenter Euphemismus und taktvolle Schmeicheleien sind Grundvoraussetzungen eines halbwegs auskömmlichen Umgangs miteinander. Franz Walter, Politikwissenschaftler, Jg. 1956

Friede wenn möglich, aber Wahrheit auf jeden Fall.
Martin Luther, Theologe, 1483 - 1546

Reden ist Silber, schweigen ist Gold.
Hinz und Kunz, Redensartler, Jg. zeitlos







Antworten Zuletzt bearbeitet am 07.04.2009 11:29.

SigridEbert

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Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von SigridEbert am 22.04.2009 23:32

Die Wahrheit-sagen – ja welche Wahrheit? Wenn ich die obigen Zitate etwas genauer untersuche, dann fällt mir vor allem eines auf - es geht offensichtlich um „meine“ Wahrheit über „andere“. Und das macht mich doch erst mal ordentlich stutzig. „Meine Wahrheit“ kann ja wohl erst mal nur eine Subjektive sein, und „die Wahrheit“ über „einen anderen“ somit auch nur eine Subjektive.

Ich halte es für völlig ausgeschlossen „die Wahrheit“ über einen anderen Menschen wirklich zu kennen. Ich kenne bestenfalls "vermeintliche" Fakten, das sind "vermeintliche" objektive Tatsachen, wobei das nichts mit „Wahrheit“ zu tun hat. Das kann jeder Jurist mit ein paar Sätzen erklären. Spätestens vor Gericht wird das sehr deutlich! Dort interessiert sich nämlich niemand für die „Wahrheit“ des Einzelnen sondern dort gilt das einzige Interesse den nackten Fakten und Tatsachen. Hieraus entwickelt sich dann im günstigen Fall eine für alle als vom Gericht gültige erklärte „Wahrheit“!

Diese Vorgehensweise im juristischen Sinne muss ja einen Sinn haben. Denn „meine Wahrheit“ kann ja auf Grund von Fakten plötzlich zu einer „Unwahrheit“ über den anderen führen. Also halte ich es für sehr sinnvoll mit „meinen Wahrheiten“ über „andere“ äußerst vorsichtig zu sein und es lieber mit „meiner Wahrheit“ über „mich“ zu versuchen.

Was heißt denn „meine Wahrheit“ über „mich“? Für mich bedeutet dass zunächst einmal beispielsweise in einem Streitgespräch mich von „Du-Botschaften“ – du hast..., du bist..., du sollst..., du musst..., etc. – zu verabschieden und dafür lieber „Ich-Botschaften“ zu verwenden, die dem anderen zeigen was bei mir von dem was er gesagt oder getan hat angekommen ist und was es mit mir macht.

Das ermöglicht dem anderen zunächst einmal zu prüfen, ob das was angekommen ist, so von ihm gemeint und gewollt war, und er hat die Möglichkeit zu erkennen, was es beim Gegenüber auslöst. So sind wir auf dem Weg die jeweilige „Wahrheit“ des anderen auszuloten. Für mich ist es hier jedoch unabdingbar ehrlich zu sein, also die „Wahrheit“ zu sagen – nämlich über „mich“! Wenn ein solches „Streitgespräch“ von beiden ehrlich geführt wird, sind beide der „Wahrheit“, ihrer eigenen und der des anderen, ein Stück näher gekommen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.05.2009 22:56.

SigridEbert

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Beiträge: 24

Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von SigridEbert am 08.05.2009 17:52

Die Wahrheit sagen – mal aus einem anderen Blickwinkel betrachtet.

Dazu erzähle ich eine Geschichte:

Da ist ein Mensch der in die Welt geht und fleißig Kontakte knüpft, weil ihn Menschen, Sichtweisen, Meinungen und Überzeugungen interessieren. Er liebt den Austausch, das Streitgespräch und beteiligt sich gerne an Diskussionen. Besonders wenn es dann nicht an der Oberfläche bleibt, also keine Allgemeinplätze Gegenstand der Unterhaltung sind sondern auch unpopuläre Standpunkte auf den Tisch kommen. Er liebt es Neues zu lernen, sich auch mal selbst in Frage zu stellen, eigene Standpunkte zu verlassen und zu schauen was passiert.

Nun ist es ja nicht so, dass man/frau an jeder Straßenecke Menschen findet, die das ebenso sehen und auch ihre Freude an derartigen „Unterhaltungen“ haben.

Das merkt dieser Mensch schnell, denn er stellt fest, dass die meisten daran interessiert sind, ihn für ihre Meinung einzunehmen und/oder sie wollen ihn überzeugen dass sie Recht haben und er Unrecht hat. Die Haltung, dass jeder auch ein Recht auf seine Sichtweise haben und dass „beide“ Sichtweisen auch nebeneinander stehen könnten, ist nicht so weit verbreitet, merkt dieser Mensch dann bald.

Ja er wird sogar ordentlich attackiert und man spricht ihm seinen gesunden Menschenverstand ab, oder er wird einer „Gruppe“ zugeordnet, von der man ja nichts anderes erwarten kann.

Der Mensch denkt sich nun, dass ihm das zu mühsam wird immer und immer wieder die gleichen Hinweise, Denkanstöße und Ansatzpunkte zu liefern um dem Anderen von einem anderen „Blickwinkel oder Standpunkt“ aus den Gegenstand der Diskussion betrachten zu lassen. Der andere „will“ gar nicht sehen.

Er beschließt also, sich nur noch mit den Menschen zu beschäftigen, die bereit sind sich offen und auf Augenhöhe zu begegnen und die auch bei konträren Sichtweisen in einem achtungsvollen Austausch miteinander bleiben.

So weit so gut.

Doch dann kommt eines Tages einer daher und will von diesem Menschen wissen, wieso er nichts mehr von sich hören lässt und keine Unterhaltung mehr zustande kam.

Jetzt ist der Mensch erst mal sehr verwundert, und dann fragt er sich wie er nun damit umgehen will. Gar nicht so einfach. Spontan würde er jetzt die Wahrheit sagen, das tut er immer. Doch die Wahrheit würde den Anderen verletzten, befürchtet er, und dass war noch nie sein Ding.

Also – die Wahrheit sagen – aber wie?

Also wenn der Andere so fragt, denkt sich der Mensch, dann will er ja offensichtlich die Wahrheit wissen, oder nicht? Dann kann er auch nicht verletzt werden, wenn die Antwort nicht seinen Erwartungen entspricht. Doch wenn er „Erwartungen“ hat, was erwartet er?

Auch diese Überlegungen bringen den Menschen nicht weiter, und deshalb entscheidet er sich auf die Frage des Anderen ehrlich zu antworten: Es kam zu dieser „Funkstille“ weil ich das so entschieden habe.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 08.05.2009 17:53.

Bettina

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Beiträge: 23

Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von Bettina am 09.05.2009 16:55

Liebe Sigrid,
die Antwort des Menschen in dem von Dir geschilderten Fall gefällt mir sehr.
"Weil ich das so entschieden habe" lautet sein Satz auf die Frage, warum gibt es keine Gespräche / Unterhaltungen mehr zwischen uns. Eine so kluge Antwort spontan zu finden halte ich in der Praxis aber für schwierig.
Ich stelle mir vor, der von Dir beschriebene Mensch trifft seinen Bekannten unvermittelt auf der Straße und wird mit der Frage konfrontiert, warum meldest du dich nicht mehr bei mir (so ähnlich könnte es ja verlaufen). Und Herr X (so nenne ich den Menschen jetzt mal) wird an die fruchtlosen Debatten erinnert, die er mit seinem Bekannten früher mehrfach geführt hat, bis er sich irgendwann geschworen hat, nie wieder.
Herr X könnte auf die Frage nun sagen, ich möchte mit deiner Besserwisserei und mit deinen ewigen Versuchen, mir deine Meinung aufzudrücken, nichts mehr zu tun haben. Oder er könnte sagen, du hast mir noch nie zugehört, sondern hörst nur dich selbst gern reden. Oder er könnte sagen, meine Zeit und Kraft sind mir zu schade für Begegnungen, die zu nichts führen. Oder er könnte sagen, ich habe beschlossen, Personen zu meiden, von denen ich nur Oberflächlichkeiten zu erwarten habe.
Herr X lässt sich aber nicht zu einer solchen oder ähnlichen Antwort hinreißen, sondern er sagt lediglich, "weil ich das so entschieden habe" sehen wir uns nicht mehr. Ich glaube aber, an dieser Stelle müsste Herr X das Gespräch auch ganz schnell beenden und den Moment, den sein Bekanner noch verdutzt dasteht nutzen, um zu gehen. Denn vermutlich wäre jener mit der Antwort nicht zufrieden und würde nochmal nachhaken.
Mir gefällt die Antwort, weil Herr X die Wahrheit gesagt und trotzdem seinen Bekannten nicht verletzt hat. Das wäre mir vermutlich nur dann gelungen, wenn ich die Frage per Brief erhalten hätte und mir deshalb ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden hätte, über meine Antwort nachzudenken.
Im Allgemeinen sind wir ja eher bereit, Ausflüchte zu erfinden (jedenfalls viele von uns), als die Wahrheit zu sagen. Aber die Wahrheit zu sagen und trotzdem nicht zu verletzen halte ich für große Kunst. Lässt sich sowas lernen?

Mir fällt da noch etwas ein: Geht es mir eigentlich wirklich immer darum, meinen Gesprächspartner oder meine Gesprächspartnerin nicht zu verletzen oder bin ich einfach nur zu feige, zu sagen, was ich denke? Denn wenn ich beispielsweise sage, ich möchte die Bekanntschaft mit dir nicht pflegen, weil du mir zu oberflächlich bist und mich die Gespräche mit dir langweilen, dann muss ich ja auch damit rechnen, dafür als arrogant zu gelten oder gehasst zu werden.

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SigridEbert

71, Weiblich

Beiträge: 24

Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von SigridEbert am 09.05.2009 23:46

Liebe Bettina,

ja, ich stimme dir zu dass es schwierig ist in der Praxis spontan auf diese Weise zu antworten.

Das ist nur möglich, wenn man/frau darin bereits einige Übung hat - und um deine Frage zu beantworten, ob man/frau lernen kann die Wahrheit zu sagen ohne zu verletzen – ja man/frau kann das lernen!

Natürlich hast du auch Recht, wenn du meinst, dass der Mensch schnell von dannen ziehen muss, will er nicht Gefahr laufen weiter von seinem Bekannten interviewt zu werden.

Doch wenn der Mensch bereits einige Übung darin hat, dann kann er auch das gut meistern.

Die Kunst dabei ist im Grunde immer bei sich selbst zu bleiben und jede Du – Botschaft zu vermeiden.

Anstatt zu sagen "ich möchte mit deiner Besserwisserei und mit deinen ewigen Versuchen, mir deine Meinung aufzudrücken, nichts mehr zu tun haben" sagt der Mensch – mich ermüden Diskussionen in denen ich mich nicht einbringen kann, deshalb habe ich entschieden nicht mehr mitzumachen.

Anstatt zu sagen "du hast mir noch nie zugehört, sondern hörst nur dich selbst gern reden" sagt der Mensch – ich kann mir in diesen Diskussionen kein Gehör verschaffen, und die Monologe sind für mich oft so lang, deshalb habe ich entschieden nicht mehr mitzumachen.

Anstatt zu sagen "meine Zeit und Kraft sind mir zu schade für Begegnungen, die zu nichts führen" sagt der Mensch – in diesen Begegnungen fehlen mir Einsichten, die ich mir wünsche, deshalb habe ich entschieden nicht mehr mitzumachen.

Anstatt zu sagen "ich habe beschlossen, Personen zu meiden, von denen ich nur Oberflächlichkeiten zu erwarten habe" sagt der Mensch – diese Diskussionen lassen nicht die Themen aufkommen an denen ich interessiert bin, deshalb habe ich entschieden nicht mehr mitzumachen.

Es gibt jedoch für mich eine Ausnahme: Menschen die ich liebe denen sage ich im Klartext die Wahrheit, weil ich sie gar nicht verletzten könnte. Sie wissen dass ich das was ich sage nicht sage um sie zu verletzten sondern mit ihnen in ein Gespräch kommen möchte um die Sache zu klären. Allerdings halte ich mich auch hier an die Regel - keine du-Botschaften nur ich-Botschaften!

Zu deiner letzten Frage – "Geht es mir eigentlich wirklich immer darum, meinen Gesprächspartner oder meine Gesprächspartnerin nicht zu verletzen oder bin ich einfach nur zu feige, zu sagen, was ich denke?"

Ich glaube es ist generell unangenehm jemandem etwas zu sagen, dass ihn verletzen würde. Auch ich tue das nicht, sondern versuche unangenehme Dinge auf eine Weise zu sagen die den Gegenüber nicht direkt und persönlich angreifen. Direkte persönliche Angriffe vermeide ich grundsätzlich.

Dann gibt es sicher auch Menschen die Angst vor den von dir angesprochenen Folgen haben. Ich persönlich halte es da lieber mit dem Spruch: "Ist der Ruf erst ruiniert, lebt’s sich völlig ungeniert!" ;-)

Nicht umsonst habe ich 8 Heulis auf Yasni! Und das ohne je irgendjemanden persönlich und direkt angegriffen zu haben. Also dafür reichte es völlig aus eine eigene Meinung zu haben und diese auch kund zu tun! :-)

Und diesen Luxus leiste ich mir! :-)

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Warschauer69

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Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von Warschauer69 am 10.05.2009 18:34

Alle Achtung!, ich lese hier einen Austausch von Meinungen, dem in keiner Weise der Geruch des Auslebens von Profilierungsneurosen anhaftet. Das ist eine rare Erscheinung in Diskussionsforen. Das sollte Schule machen!

Zum Thema selbst eine Anmerkung: Ich habe immer wieder festgestellt, dass man nur in Maßen einschätzen kann, ob man einem Menschen das Verletztwerden/-sein erspart. Denn ob wen was verletzt, entscheidet häufig nicht der Absender (also nicht der, der was sagt), sondern der Adressat (also der, der es hört). Man trifft oft "wunde Punkte", von denen man sich gar nicht hat träumen lassen, dass es sie geben könnte. Da kann man mitunter auf Sammetpfoten dahergekommen sein, und der Andere hat davon trotzdem das Ohrensausen gekriegt. Auf brach in ihm eine Wunde, die man nicht zu verantworten hatte, aber die man halt unwissentlich angerührt hat, und schon hat den Betreffenden die Vergangenheit eingeholt. Von mir ein Lufthauch, und in dem Anderen ist ein Sturm ausgebrochen. Und das oft Prekäre an solcher Situation: So ein Mensch ist selten fähig zu relativieren, weil er seine Vergangenheit hartnäckig verdrängt hat. Und nun sieht er allein in mir die Ursache seines Verletztseins. Ich der Sündenbock für alle je ihm begegneten Übel. Mich macht er nun rundum verantwortlich für etwas, für das er längst Andere hätte verantwortlich machen müssen. Hat er aber nicht, hat das Fass vollaufen lassen oder musste es volllaufen lassen, konnte sich nicht wehren, und ich hatte nun rein zufällig das Pech, jener letzte Tropfen zu sein, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. - 'Na nu, was hat er denn?' denke ich. - Ja was schon: er weiß es leider selbst nicht oder er will es nicht wissen, und er nimmt den lapidaren Anlass, nämlich mich, nun für die Ursache, die mit mir herzlich wenig zu tun hat. Was ja auch allemal leichter ist, als sich auf den Grund zu gehen. Und wer kennt das nicht von sich selbst, dass nicht die Wahrheit einen trifft und schmerzt, sondern die Stelle, wo sie in einem hinfällt, die schmerzt, wenn's eine bereits mächtig wunde Stelle ist.

Ich knipse keines Menschen wegen das Licht meines Verstandes aus. Mein Verstand kann irren, aber das muss mir erst der Verstand eines anderen Menschen beweisen.(Hermann W. Prignitzer)

Antworten Zuletzt bearbeitet am 10.05.2009 19:02.

Bettina

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Beiträge: 23

Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von Bettina am 10.05.2009 22:58

Liebe Sigrid,
Deine Hinweise sind für mich sehr hilfreich, danke! Der Weg, alle Du-Botschaften zu vermeiden und statt dessen Ich-Botschaften zu benutzen ist so einleuchtend, ich frage mich, wieso ich nicht selbst schon darauf gekommen bin. Was ja noch nicht bedeutet, dass ich diese Regel jederzeit mühelos werde umsetzen können, aber ich werde mich darin üben. Beim ersten Schritt, mir das klar zu machen, hast Du mir jedenfalls prima unter die Arme gegriffen, den zweiten Schritt (Praxis) muss ich nun alleine tun. Und was die Wirkung dieser Vorgehensweise anbelangt glaube ich, David hat wohl Recht: es ist nicht immer einschätzbar, ob ich - obwohl ich mit meiner Botschaft strikt bei mir selbst bleibe - meine Gesprächspartnerin oder meinen Gesprächspartner trotzdem verletze. Aber dann würde ich wohl in Kauf nehmen (müssen), jemanden zu verletzen. Ein solches Beispiel hast Du ja auch angeführt, Sigrid: Deine sogenannten Heulis bei yasni.

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SigridEbert

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Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von SigridEbert am 11.05.2009 16:31

Liebe Bettina,

ja, die "ganze" Verantwortlichkeit liegt nicht bei mir - sondern nur *meine* – und die ist: niemals jemanden bewusst und willentlich verletzten!

Wenn ich mich daran halte "kann" ich trotzdem jemanden verletzten doch *das* liegt in "seiner" Verantwortlichkeit, wie es ja auch Daniel schon sehr anschaulich und ausführlich dargelegt hat.

Dieses Risiko ist "mein" Risiko und das "muss" ich eingehen. Sonst können wir nur an der "Oberfläche" bleiben und uns mit „Nettigkeiten“ totschlagen!

Es bedarf also einer bewussten Entscheidung von mir was ich will – die Wahrheit sagen ohne zu verletzen, wissend, dass es trotzdem passieren kann und akzeptieren dass ich mich damit unbeliebt mache und mir "Feinde" schaffe! Siehe meine 8 Heulis auf Yasni !

Das ist der Preis der Wahrheit!

Andererseits kann ich auch entscheiden immer der "nette Mensch" zu sein – dann bleibt nur Oberflächlichkeit, mit dem Strom schwimmen, auf eine eigen Meinung verzichten und die allgemein herrschende Meinung zu meiner machen – also mein "Fähnchen nach dem Wind" zu hängen. Und wenn wir uns dann auch noch alle „"lieben" und vor Nettigkeit umkommen, dann mögen mich alle!

Der Preis dafür ist ewige Dummheit und zu Lebzeiten schon tot zu sein!


In diesem Zusammenhang möchte ich zum Punkt der "Liebe" kommen –

Damit meine ich die *Liebe* "den Menschen" an sich gegenüber und nicht die "Liebe nur einem Menschen" gegenüber.

Wenn ich jemand bin der Menschen grundsätzlich liebt kann ich gar nicht anders als mich für die Wahrheit zu entscheiden – es ist im Grunde ein *Liebesakt*.

Will gerne zugeben, dass das möglicherweise ein ungewöhnlicher Gedankengang ist – doch es ist so!

Liebe und Wahrheit bedingen sich!

Für mich ist Liebe und Wahrheit nicht trennbar, doch ich meine nicht Liebe in der besitzenden Form – das ist keine.

Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass ich jetzt nicht auf eine Begriffsklärung von *Liebe* eingehen will – dazu wäre ein eigener Beitrag sinnvoller.

Durch den Bezug von Liebe – Wahrheit muss ich jedoch darauf zu sprechen kommen.

Wenn ich liebesfähig bin liebe ich alles und jeden – wenn ich nur einen Menschen liebe und sonst nichts und niemand, dann bin ich liebesunfähig.

Für mich ist es nur möglich so mit Wahrheit umzugehen wenn ich *liebesfähig* bin.

Auch die Fähigkeit meine Verantwortlichkeit anzunehmen ist ein Liebesakt – mir gegenüber *und* dem Anderen gegenüber.

Ich bin nicht „liebens-würdig“ weil ich alle mit Nettigkeiten totschlage; ich bin *liebens-würdig* weil ich in gegenseitiger Achtung – mir und dem Anderen gegenüber – die Wahrheit sage.

Ich will hier auch nicht verschweigen, dass es nicht viele Menschen gibt, die das so sehen, und dass meine hier dargelegten Gedanken gut dazu geeignet sind mir neue Feindschaften einzuhandeln.

Doch wie bereits ausgeführt –

Das ist der Preis der Wahrheit!


Will später gerne noch einiges dazu ausführen - jetzt ist nicht genug Zeit -

Also bis später...

Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.05.2009 23:15.

Bettina

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Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von Bettina am 11.05.2009 20:56

Ich bin nicht „liebens-würdig“ weil ich alle mit Nettigkeiten totschlage; ich bin *liebens-würdig* weil ich in gegenseitiger Achtung – mir und dem Anderen gegenüber – die Wahrheit sage.

Dieser Satz von Sigrid bietet eine Zusammenfassung, die ist zum Hinter-den-Spiegel-stecken !

Ich will hier auch nicht verschweigen, dass es nicht viele Menschen gibt, die das so sehen, und dass meine hier dargelegten Gedanken gut dazu geeignet sind mir neue Feindschaften einzuhandeln.

Sigrid, ich liebe Dich für diesen Beitrag!

Antworten

SigridEbert

71, Weiblich

Beiträge: 24

Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von SigridEbert am 11.05.2009 22:44

Liebe Bettina,

Jetzt ist wieder etwas Zeit und ich möchte meine Gedanken fortführen, den es fehlt noch der Aspekt wenn *ich* verletzt werde. Was ist dann?

Natürlich kommt es vor, dass ich verletzt werde, oder verletzt bin.

Zunächst gibt es da die Unterscheidung – *werde* ich verletzt - oder *bin* ich verletzt!



Ich kann das unterscheiden indem ich genau zuhöre und erkenne ob es sich um Du- oder Ich-Botschaften handelt.


Verletzt *werden* ist ein passiver Vorgang – irgendeiner oder irgendetwas macht etwas mit mir. Das geschieht nur durch Du-Botschaften – du hast... du bist... du denkst... du tust... du solltest... du musst... etc. Wenn mich so jemand mit seinen Du-Botschaften verletzt, kann ich das regeln, indem ich ihm klar vor Augen führe was er tut – mit Ich-Botschaften!

Verletzt *sein* ist ein aktiver Vorgang - hier wird nichts *mit* mir gemacht, sondern *ich* mache etwas mit *mir*! Das geschieht durch die erhaltenen Ich-Botschaften.

Denn die Ich-Botschaft ist jetzt in *meine Wunde* gefallen, wie Daniel es so schön beschrieb (übrigens ein sehr treffendes und anschauliches Bild, Herr Warschauer!) und ich "übertrage" das "zufügen dieser Wunde" auf den anderen, der mir gerade seine Ich-Botschaft gibt.

Natürlich hat er nichts damit zu tun, doch er ist jetzt mein "Stellvertreter" und bekommt die ganze "Ladung" ab.

Wenn ich das nicht immer wieder erleben will, muss ich lernen diese Muster zu durchschauen, ich will mich ja nicht selbst verletzen - denn genau das tue ich ja! Und das ist der *wahre* Grund warum ich so auf meinen "Stellvertreter" einschlage!

Was da bei mir hilft ist Selbstbeobachtung und mich in Frage stellen – was geht vor – was fühle ich – warum fühle ich das – ist das der Situation angemessen – was sagt der andere wirklich.

Oder ich bespreche den Vorgang mit einem Menschen, den ich liebe, er bietet mir unterschiedliche Standpunkte an, von denen aus ich das Gesagte nun erneut betrachten kann, und dann sehe ich schnell, dass ein *Standortwechsel* einen neuen Kontext liefert.

Plötzlich ordnet sich dann auch mein verletzt *sein* und ich erkenne die wahren Zusammenhänge.

Jetzt kann ich angemessen mit dem Vorfall umgehen.

Natürlich kann ich in einer Situation nicht immer gleich aussteigen und erst mit einem geliebten Menschen reden, oder sekundenschnell analysieren was vorgeht – warum ich was fühle etc.

Doch ich kann Zeit gewinnen wenn ich ruhig und besonnen bleibe und nicht sofort reagiere, und dass kann man/frau lernen.

Muss wieder mal zugeben, dass es sich vielleicht für den ein oder anderen "einfach" anhört (von *Ungläubigen* will ich erst gar nicht reden), doch ich muss sagen, es ist schon ein langer Weg auf der Spur der eigenen Ehrlichkeit und Wahrheit zu sich selbst.

Ich bin jetzt 56 Jahre alt und mit 30 oder 40 war ich noch nicht so weit - aber ich war auf dem Weg und bin es noch - kann aber auch sagen dass es sich lohnt - sich nahe zu kommen und sich kennen zu lernen.




Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.05.2009 22:45.
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