Geschichten vom Strich

Erste Seite  |  «  |  1  |  2  |  3 [ Nach unten  |  Zum letzten Beitrag  |  Thema abonnieren  |  Neueste Beiträge zuerst ]


Kirsten

59, Weiblich

Beiträge: 54

Re: Geschichten vom Strich

von Kirsten am 14.04.2009 20:55

Jau....

Dem Sozialdezernenten hab ich das Fernsehteam auf den Hals geschickt. Da hat er in die Kamera erzählt, dass er ganz schnell was tun will... Die Journalistin will in 6 Wochen wieder kommen.

Einer meiner Kommentare wird als Leserbrief abgedruckt.

Und es wurde eine "Sicherheitskonferenz" in Dortmund ins Leben gerufen, (Politik, Polizei, Soziale Träger) um die Thematik anzugehen. Die erste Sitzung war mehr eine Bestandsaufnahme, aber mal sehen, wie es weitergeht....

Landesministerium hat einen Antrag von mir... der verstaubt da....

Eine private Stiftung anzupumpen, ist eigentlich nicht mein Ding...aber es kann ein Faktor von Vielen werden. Ich werde die Politik nicht außen vor lassen. Die müssen jetzt ran. Osterferien sind vorbei ;)

Lieben Gruß

Kirsten



Doch wenn ich vor der Dummheit die Augen verschlösse, wäre ich mit dafür verantwortlich, dass sie ins Kraut schießt.
Die wuchert nämlich schon beim Hingucken, aber was glaubt Ihr, wie die wuchert, wenn Ihr wegguckt
(Hermann Prignitzer)

Antworten

Hans

75, Männlich

Beiträge: 14

Re: Geschichten vom Strich

von Hans am 15.04.2009 23:43

Kompliment!:-)

Kann ich gleich erweitern: Hab gestern den Beitrag bei Frau-TV gesehen. Du und Kolleginnen, ihr habt das aktuelle Problem eindringlich und gut nachvollziehbar dargestellt. Hast mir prima gefallen, hättest dich beim Interview gar nicht selbst festhalten müssen :-)))

Antworten Zuletzt bearbeitet am 17.04.2009 10:50.

Kirsten

59, Weiblich

Beiträge: 54

Der erste Übergriff in 22 Jahren

von Kirsten am 06.05.2009 09:53

Gedächtnisprotokoll, 29.04.09, 23:15 Uhr
Kirsten C

Heute Abend gegen 20:45 ging ich mit meiner Kollegin Sabine R und der Praktikantin Frau B sowie der Studentin Frau D(Hospitantin) vom Beratungscontainer auf der Ravensbergerstraße aus in Richtung Juliusstraße/Bornstraße unsere allabendliche Streetwork-Runde. (Ravensbergerstraße, Juliusstraße, Tankstelle, Bornstraße, Mindener Straße, Ravensbergerstraße)
Als wir von der Bornstraße auf die Mindener Straße einbogen, fiel uns von weitem ein Radfahrer auf dem Fußweg auf, der eine uns bekannte Klientin zielgerichtet auf dem Bürgersteig anrempelte und ihr im Vorbeifahren auf den Rücken schlug. Die Klientin schimpfte ihm nach. Zu diesem Zeitpunkt war mir persönlich noch nicht klar, ob es sich vielleicht nur um eine „kumpelhafte“ Rempelei handelte oder um einer ernste Sache. Wir waren zu weit entfernt um zu verstehen, was gesprochen wurde.
Der Radfahrer trug ein kariertes Hemd und eine dunkle Hose und war ca. 60 Jahre alt.
Da er breit grinsend sehr rasant auf dem Bürgersteig nah an uns vorbeifuhr, rief ihm meine Kollegin Frau R allerdings noch nach „Aber sonst geht’s, ja?“
Als wir auf der Höhe der Klientin waren, erzählte uns diese aufgebracht, dass dieser Mann sie schon öfter geschlagen habe und bereits mehrfach heimlich Fotos von ihr und anderen Frauen gemacht habe.
Wir drehten uns um und beobachteten, wie der Radfahrer wendete und einer anderen Frau, die am äußersten Rand des Fußweges auf einer Mauer (Fiat Berke Parkplatz) saß, ebenfalls zielgerichtet an die angewinkelten Beine fuhr, kurz ins Trudeln kam und dann weiter in unsere Richtung fuhr.
Ich fragte die bei uns stehende Klientin, ob dieser Mann auch heute schon Fotos gemacht hätte, was sie bejahte. Ich fragte noch einmal nach: „Hat der also jetzt gerade eine Kamera dabei?“ Auch das bejahte die Klientin.
Meine Kollegin Frau R und ich sprachen uns kurz ab, diesen Herrn anzuhalten und auf sein Verhalten anzusprechen.
Wir standen zu viert auf dem Fußweg, nebeneinander und versperrten sozusagen den Fußweg für den Radfahrer, der mit unverminderter Geschwindigkeit auf uns zu kam.
Ich hob eine Hand und rief laut und deutlich: „Stadt Dortmund, halten sie bitte an, wir möchten mit Ihnen (sprechen)“ (Ich sage in solchen Situationen „Stadt Dortmund“ statt „Beratungsstelle Kober“ weil das auf die Schnelle eher ernst genommen und verstanden wird und wir ja im Auftrag der Stadt Dortmund dort unterwegs sind.)
Ich kam allerdings mit dem Satz nicht zu Ende, denn er fuhr mit unvermindertem Tempo mit dem Vorderreifen gegen mein linkes Schienbein. Derart unvermittel ausgebremst kam der Herr von mir aus gesehen nach links auf dem Fußweg zu Fall. Er kippte sozusagen langsam um, wobei ich den Sturz abmilderte, indem ich ihn versuchte, ihn an seinem linken Oberarm festzuhalten. Ich schaffte es allerdings nicht, den Sturz ganz zu verhindern. Er fiel also langsam samt Fahrrad auf seine rechte Seite. Sein Kopf berührte den Boden dabei nicht.
Ich bin mir sicher, dass er erwartet hatte, dass eine von uns erschrocken zur Seite ausweicht, aber das wäre kaum möglich gewesen, da wir zu viert nebeneinander standen und nur nach vorne oder hinten ausweichen hätten können. Die Situation wirkte auf mich, als wolle er sein Fahrrad als „Waffe“ einsetzen.
Er stand sofort selbstständig auf, richtete sein Fahrrad auf und ich fragte als erstes, ob er verletzt sei. Er sagte „ja“, wirkte auf mich aber unverletzt. Ich fragte ob er einen Krankenwagen bräuchte. Daraufhin antwortete er, er wolle die Polizei rufen. Ich sagte, dass ich das für eine sehr gute Idee halte und rief die 110 an. Ich meldete mich mit „Beratungsstelle KOBER“ und schilderte kurz (und etwas aufgeregt) den Vorfall. Auf die Frage, was der Radfahrer jetzt macht, antwortete ich: „Der schimpft hier gerade mit den Frauen rum, schicken sie bitte einen Wagen vorbei“
Während dessen entwickelte sich hinter mir ein Handgemenge und lautstarker Streit. Mehrere Frauen warfen ihm vor, er habe heimlich Fotos von Ihnen gemacht und würde sie häufig mit dem Fahrrad anfahren und schlagen. Da ich zum Telefonieren etwas abseits gestanden habe, habe ich in dem Moment keine Details beobachtet. Ich hörte, dass der Mann behauptete, er habe eine Gehirnerschütterung.
Ich ging wieder zu dem Radfahrer und meinen Kolleginnen und sagte Bescheid, dass die Polizei unterwegs sei. Daraufhin sagte er, er würde jetzt abhauen und wollte zu seinem Fahrrad um wegzufahren.
Das Folgende weiß ich wegen der Aufregung nicht in allen Einzelheiten. Ich weiß, dass ich den Herrn daran hindern wollte, zu seinem Fahrrad zu gehen, in dem ich mich zwischen ihn und sein Fahrrad stellte. Immer wieder kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen dem Mann und den umstehenden Frauen. Ich selbst wurde nicht angegriffen. Meine Kollegin Frau R versuchte die Frauen zurückzuhalten, die immer wieder wutentbrannt auf den Mann schimpften, der seinerseits mit den Fäusten um sich schlug und nach den Frauen trat. Ich hielt den Mann am rechten Oberarm fest und stand rechts von ihm. Die Praktikantin Frau B stand vor ihm, um sich zwischen ihn und die Frauen zu stellen und weitere Angriffe zu verhindern. Irgendwann sah ich direkt vor meinem Gesicht, dass der Mann beide Fäuste fest in die Haare der Praktikantin gekrallt hatte. Ich konnte nichts tun. Ich wollte nicht an seinem Arm reißen, denn dann hätte er nur die Haare ausgerissen. Ich versuchte mehrfach, umstehende Männer dazu zu bewegen, uns zu helfen. Zunächst allerdings erfolglos. Zwar hielten Autos an mit heruntergekurbelten Fenstern, auch zwei Mopedfahrer standen mitten auf der Straße um zuzusehen, aber trotz direkter Ansprache der einzelnen Umstehenden war keiner dazu zu bewegen, uns zu helfen.
Ich rief meiner Kollegin Frau R zu, sie solle noch mal die 110 anrufen und sagen, dass der Mann gewalttätig wird und wir dringend Hilfe brauchen. Aus dem Augenwinkel sah ich dann meine Kollegin telefonieren.
Irgendwann kam jedoch ein kräftiger Mann dazu und stellte sich vor den Radfahrer, der daraufhin etwas ruhiger wurde. Ich bat den Helfer, den Mann nur daran zu hindern, wegzulaufen, bis die Polizei kommt.
Zwischenzeitlich muss es dazu gekommen sein, dass er die Fäuste von den Haaren löste und die Praktikantin gebissen hat. Das habe ich nicht gesehen, da ich meine Aufmerksamkeit Hilfe suchend auf die umstehenden Passanten gerichtet hatte.
Kurz darauf trafen zwei Kripobeamte vom KK12 ein. Ich konnte den Mann loslassen und mich um Frau B kümmern. Ich sah ein ausgerissenes Haarbüschel auf ihrer Schulter. Sie sagte mir „Der Typ hat mich gebissen!“ versuchte, mir die Bisswunde am Unterarm zu zeigen, aber ihre Lederjacke lies sich gar nicht auf Anhieb so hoch schieben. Erst, als sie die Jacke ausgezogen hatte, konnte ich die Bisswunde sehen. Wie es zu dem Biss gekommen war, habe ich selbst wegen der ganzen Aufregung und des Trubels nicht direkt mitbekommen.
Einige Minuten später traf auch der gerufene Streifenwagen ein, da hatten die Beamten vom KK12 dem Mann aber bereits Handschellen angelegt, weil er auch Ihnen gegenüber versucht hatte handgreiflich zu werden.
Wir gaben unsere Personalien an, baten die umstehenden Frauen, weiter zu gehen und gingen zum Container. Meine Kollegin Frau R ist gelernte Krankenschwester und versorgte dort die Bisswunde provisorisch und wir fuhren in die Beratungsstelle. Anschließend brachte ich zusammen mit meinem Mann, der mich immer von der Arbeit abholt, die Praktikantin Frau B in die Ambulanz des Johannes Krankenhauses. Dort waren wir ca. um 22:30 Uhr. Es wurde schon bei der Aufnahme festgehalten, dass sie eine Bisswunde am linken Unterarm hat und ihr auch büschelweise Haare ausgerissen wurden.

Ich habe eine sehr leichte Abschürfung am linken Schienbein von dem Fahrradreifen, die keine weitere Behandlung benötigt und mehrere abgebrochene Fingernägel, durch meine Versuche, den Mann fest zu halten.

Am Rande habe ich noch Folgendes mitbekommen, kann es aber chronologisch nicht genau einordnen:

Der Radfahrer behauptete, Frau B hätte seine Brille kaputt gemacht. Eine andere Frau hatte aber seine Brille in der Hand und gab sie einem der Kripobeamten, der sie sich ansah. Sie wirkte unversehrt.

Weiterhin äußerste er, er sei Staatsanwalt. Kurz darauf behauptete er, er sei Physiker.

Er sagte einem der Polizisten von der Nordwache, er habe zwar mal Fotos auf dem Strich gemacht, den Film hätte er aber zuhause gelöscht.

Er behauptete gegenüber den uniformierten Polizisten, sie hätten ihn gerettet, denn die beiden anderen Kripobeamten hätten ihn angegriffen.

Die spät eingetroffenen Polizisten von der Nordwache fragten bei ihrem Eintreffen die Beamten vom KK12 in sehr abfälligem Tonfall: „Wollt ihr die alle hier haben“ und wiesen auf die umstehenden Frauen und uns. Die Beratungsstelle KOBER war zumindest einem der Polizisten völlig unbekannt. Insgesamt entstand der Eindruck bei mir, dass die Herren von der Wache Nord die Situation nicht ernst nahmen und den Frauen gegenüber sehr abschätzend und negativ wertend eingestellt waren. An weiteren konkreten Äußerungen kann ich persönlich das aber nicht festmachen.


Doch wenn ich vor der Dummheit die Augen verschlösse, wäre ich mit dafür verantwortlich, dass sie ins Kraut schießt.
Die wuchert nämlich schon beim Hingucken, aber was glaubt Ihr, wie die wuchert, wenn Ihr wegguckt
(Hermann Prignitzer)

Antworten
Erste Seite  |  «  |  1  |  2  |  3

« zurück zum Forum