Suche nach Beiträgen von Bettina

1  |  2  |  3  |  »  |  Letzte Die Suche lieferte 23 Ergebnisse:


Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Re: Etwas über das Wahrheit-Sagen im engsten persönlichen Bereich: Partnerschaftspflege

von Bettina am 25.10.2009 11:07

Möchte nur kurz das Stichwort "umfühlen" aufgreifen, das Hermann in die Debatte geworfen hat. Hier habe ich doch Zweifel, ob wir nicht an Grenzen unserer Möglichkeiten stoßen. Nein, nicht "so geboren, so gestorben", Hermann. Schon deshalb nicht, weil unsere Gefühle wohl nicht angeboren, sondern eher erworben sind. Trotzdem lassen sie sich nicht per Knopfdruck ändern, weil lästig oder unerwünscht. Sicherlich können wir versuchen gegenzusteuern, indem wir unsere Gefühle hinterfragen. Im günstigsten Fall lernen wir dabei etwas über uns und können uns bemühen, wenn es brenzelig wird, den Verstand einzuschalten und uns zur Ordnung zu rufen, und vielleicht hilft das, Schaden (in uns selbst und für andere) zu begrenzen. Aber "UM-FÜHLEN"??? Ich soll mir also sagen, was ich da fühle ist unvernünftig oder unrealistisch. Zwar ist es beispielsweise sehr erhebend, für einen anderen Menschen der Dreh- und Angelpunkt, ja die wichtigste Person auf der Welt zu sein, aber jedes vernunftbegabte Wesen weiss doch nun mal, sowas hält nicht ewig an. Hm, also ist es besser, mir erst gar nicht das Anhalten eines "Idealzustandes" zu wünschen? Aber Wünsche haben doch nun mal was mit Idealen zu tun und nicht unbedingt mit der Realität! Also dann wäre Ärger, wäre Schmerz, wären Katastrophen vorprogrammiert? Ich weiß es nicht, wollte nur mal meine Zweifel an der Steuerbarkeit von Gefühlen äußern.

Antworten

Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Re: Etwas über das Wahrheit-Sagen im engsten persönlichen Bereich: Partnerschaftspflege

von Bettina am 20.08.2009 19:14

Na ja, Puck, "auf Deubel komm raus motivieren ist manchmal notwendig" sagst Du. Wie soll ich das übersetzen, vielleicht mit: diplomatisch vorgehen? Diplomatischer Umgang mit anderen Menschen ist ja manchmal notwendig, bei meiner Arbeit beispielsweise im Umgang mit etwas schwierigeren Kunden. Sowas kann ich auch ganz gut, glaube ich. Aber in welchen Lebensbereichen auch immer diplomatisches Vorgehen nötig ist, in meiner Partnerschaft w i l l ich nicht diplomatisch sein müssen! Es widerstrebt mir einfach, auch hier eine Rolle spielen zu sollen. Bei dem mir vertrautesten und liebsten Menschen erwarte ich, I C H sein zu dürfen, ohne wenn und aber. Das ist nicht wenig verlangt, ich weiß.
Ist schon richtig, was Du schreibst über die leider meistens gestrandeten alternativen Versuche des Zusammenlebens. Trotzdem: die alte Zweier-Beziehungs-Ausschließlichkeit funktioniert nicht wirklich, hält sich aber soooo hartnäckig. Heute ist sie nach meinen Beobachtungen sogar wieder fester zementiert als in den 70er und 80er Jahren.
Beginnt nicht eine Zweier-Beziehung schon mit einer Lüge, wenn zwei da glauben, sie seien bis ans Ende ihrer Tage mit sexueller Ausschließlichkeit glücklich? Vielleicht ist das ja noch keine Lüge, sondern eher ein tragischer Irrtum... Warum können die meisten darüber nicht nachdenken und miteinander reden? Geistige Treue und sexuelle Treue sind zwei verschiedene Schuhe, finde ich.
Bei der Ehrlichkeit im Umgang miteinander in der Partnerschaft dachte ich zwar an umfassend alle Bereiche des Lebens, aber klar, die meisten Lügen betreffen wohl das Fremdgehen.
"Mag sein, in der Liebe hat die Lüge einen Zweitnamen: Angst.", sagst Du. Damit beantwortest Du ein Stück weit, warum das alles so schwer ist mit der Ehrlichkeit.
Mir fallen jetzt ein: Verlustangst, Angst vor dem Vergleich. Bestimmt gehörte noch so manches mehr hier her.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 20.08.2009 19:17.

Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Re: Etwas über das Wahrheit-Sagen im engsten persönlichen Bereich: Partnerschaftspflege

von Bettina am 16.08.2009 16:19

Liebe Puck, stimmt, wir verlangen sehr viel von unseren Beziehungen. Da können wir wohl nicht auch noch erwarten, dass das einfach so, ohne Mühe, zu haben ist. Gelegentlich kann das ein sehr schwieriger Balanceakt sein. Ehrlich mir selbst gegenüber und gegenüber meinem Partner zu sein und ihn dann auch noch nie verletzen zu wollen... Solcher Anspruch ist ein Ideal, kann vielleicht überhaupt nicht immer gelingen. Trotzdem möchte ich mich an meinen Idealen orientieren und nicht meine Ansprüche herunterschrauben.
Hier will ich aber nicht verschweigen, dass ich auch schon schlimme Einbrüche hatte, Zeiten, wo ich mir -kurzzeitig!- gewünscht habe, doch lieber ein Leben zu leben, wie das viele andere Leute tun: sich miteinander arrangieren, ohne große Höhen vielleicht, aber auch ohne tiefe Tiefen!
Die unterschiedliche Wahrnehmung zweier Menschen von einundderselben Situation, von der Du schreibst, das ist wohl noch ein anderes Thema. Hier würde ich nicht von Lüge sprechen. Aber klar, auch dadurch entstehen Konflikte.

Die sogenannten kleinen charmanten Unwahrheiten oder "Vermeidungslügen", von denen Du schreibst, sind wohl eher eine böse Falle. Angenommen, ich unterschlage etwas oder verbiege eine Wahrheit ein bisschen, um meinen Partner nicht zu verletzen oder zu verunsichern. Welche Folgen zieht das nach sich? Was kann ich dann vielleicht auch nicht mehr richtig erzählen, weil ich ja einmal mit einer kleinen Lüge angefangen habe? Und welche Verletzungen riskiere ich erst recht, wenn zufällig eine solche Kleinigkeit herauskommt? Kurz: wo fängt das an mit den "Vermeidungslügen", wo hört es auf?

Antworten

Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Re: Etwas über das Wahrheit-Sagen im engsten persönlichen Bereich: Partnerschaftspflege

von Bettina am 16.08.2009 15:47

Ja, liebe Irini, ein hohes Maß an Beziehungsarbeit, wie Du es nennst, ist nicht immer einfach aufzubringen und ist auch nie ein für alle Mal erledigt. Beide müssen es wollen und "dranbleiben". Miteinander im Gespräch zu bleiben ist dabei sehr wichtig. Aber trotzdem nicht immer alles gelingt (und da denke ich jetzt nicht nur an Kleinigkeiten, es gab in meiner inzwischen 31 Jahre währenden Beziehung mehrere große Einbrüche!), ich finde, der Einsatz für die Beziehung lohnt. Ich habe dabei so einiges über mich gelernt, denn ich muss mich ja auch immer wieder mir selbst stellen, will ich Konflikte begreifen. Es hat viel Wandel in uns und damit innerhalb der Partnerschaft gegeben in diesem ja doch schon langen Zeitraum. Genau das hat zu immer wieder neuer Lebendigkeit geführt, worüber ich sehr froh bin. Abzustumpfen, den Partner nicht mehr wahrzunehmen, alles für selbstverständlich zu halten, das dürfte der Tod einer Beziehung sein, egal wie lange zwei Menschen dann womöglich trotzdem noch nebeneinander her leben.

Antworten

Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Etwas über das Wahrheit-Sagen im engsten persönlichen Bereich: Partnerschaftspflege

von Bettina am 09.08.2009 22:40

Ist innerhalb einer Partnerschaft oder innerhalb einer Freundschaft Ehrlichkeit ohne Grenzen möglich?

Der Mensch oder die Menschen, mit dem / mit denen ich mein Leben teilen möchte, kann ich mich bei denen vollständig so zeigen, wie ich bin? Ich meine: alle meine Bedürfnisse, alle meine Wünsche, alles was mich gerade beschäftigt, alle meine Freuden, alle meine Ängste – kann ich wenigstens bei einem Menschen, der mir wichtig ist so rigeros ehrlich sein?
Alles sagen, über alles reden können, für den Anderen / die Andere völlig transparent sein. Dazu gehört unbedingt auch, nichts zu unterschlagen (im Sinne von: das erzähle ich lieber nicht, weil ihm / ihr mein Verhalten in der Situation nicht gefallen würde).
Also: zu allem stehen, was ich tue, dies auch von Partner(in) oder Freund(in) erwarten – kann das zu einer idealen Verbindung führen oder in die Katastrophe? Kann dadurch optimale gegenseitige Akzeptanz, größtmögliche Toleranz und gegenseitiges Vertrauen gedeihen?

Was haltet Ihr diesbezüglich für ideal, für erstrebenswert? Was sind Eure Wünsche, was Eure Erfahrungen?

Mein Ideal ist es, den Menschen, mit dem ich lebe oder mit dem ich eng befreundet bin in keiner Weise einzuengen, auch nicht eingeengt zu werden, mir aber auch keine Selbstbeschränkungen aufzuerlegen. Also meine Wünsche und Bedürfnisse äußern und leben zu können und diese Achtung meiner Person, die ich meinem Partner oder meiner Freundin damit abverlange, ihm / ihr selbstverständlich genauso entgegenzubringen.

Wohlgemerkt: es ist ein Ideal und bedeutet nicht, dass ich es auch schaffe, immer danach zu leben!

Schon oft habe ich beobachtet oder berichtet bekommen, dass Menschen, die lange zusammen leben, voreinander Geheimnisse haben. Genau das führt dazu, dass man(n) / frau dann bald nur noch nebeneinander her statt miteinander lebt. Wie viele Male habe ich schon auf der Straße, in der U-Bahn oder sonstwo alte Paare beobachtet, die nur noch aus Gewohnheit nebeneinander her zu traben scheinen, die überhaupt nicht mehr miteinander reden (oder sich sogar in der Öffentlichkeit angiften), die unzufriedene Gesichter haben, von Fröhlichkeit gar nicht zu reden. Also, abschreckende Beispiele finden sich mehr als genug.

Um nicht selbst in ein solches Fahrwasser zu geraten glaube ich, dass es sich lohnt, sich um einen ehrlichen Umgang miteinander immer und immer wieder zu bemühen.

Nocheinmal meine Frage: Wie denkt Ihr darüber?

Antworten

Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Re: Schwules Blut

von Bettina am 09.08.2009 22:17

Lieber Kai,
gerade habe ich Deinen Beitrag gelesen und auch die von Dir angegebene Internet-Seite zum Thema. Ich bin verblüfft über diese Entscheidung der Bundesärztekammer und finde sie unglaublich. Denn es geht ja dabei nicht um konsequente Ausschaltung aller Risiken (soweit das überhaupt ginge!) bei der Blut- oder Knochenmarksübertragung, es ist zweifellos nichts anderes als stigmatisierend. Schwule sind wohl doch sowas wie Aussätzige... Ich danke Dir jedenfalls sehr für diesen Hinweis, denn es ist wichtig, über die vielfältigen Formen der Schwulen-Diskriminierung wenigstens Bescheid zu wissen.
Liebe Grüße, Bettina.

Antworten

Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Re: Das Bereitsein zur Toleranz - erlernbar? lehrbar?

von Bettina am 19.07.2009 23:14

Liebe Sigrid,

ich möchte gern noch einmal an Deine Ausführungen zu Mitgefühl und Zuneigung anknüpfen, weil ich mit Dir darin übereinstimme, dass hier ein wesentliches Potential der Fähigkeit zur Toleranz liegt.
Zufällig fiel mir in den letzten Tagen ein Buch in die Hände, das sehr gut zu unserer Auseinandersetzung mit der Toleranzfähigkeit passt und in dem ich mit Interesse und Gewinn gelesen habe. Es heißt "Achtung! Vorurteile" und ist von Sir Peter Ustinov. Anhand von zahlreichen Episoden, zumeist persönlichen Erfahrungen, kreist Ustinov in seinem Buch um das Thema Vorurteile in den unterschiedlichsten Formen. Und genau da, wo es uns möglich ist, Vorurteilen auf die Spur zu kommen und solche abzubauen, genau da gelangen wir ja zu mehr Toleranz. Immer wieder wird in dem Buch deutlich, dass es unumgänglich ist, stets aufs neue nachzudenken, sich auseinanderzusetzen mit den jeweiligen Gegebenheiten, sich selbst immer wieder zu hinterfragen, auch neugierig zu bleiben.
Und was das alles betrifft, glaube ich, es kann nur dann funktionieren, wenn ich selbst die Bereitschaft dazu aufbringe. Lehrbar? Erlernbar? Da bleibe ich ratlos.
Aber um wieder zu Mitgefühl und Zuneigung zu kommen, Ustinov nennt diese Fähigkeit der Einfühlung, des Mitfühlens an einer Stelle "den Respekt vor dem mir Fremden" und meint damit wirklich mehr als das rational Erfassbare. Nach seiner Auffassung entsteht dadurch sogar mehr als "nur" Toleranz.

Eine mich sehr berührende Passage aus dem Buch möchte ich hier zitieren:

"Toleranz oder
Der andere, das könntest du sein

Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass der Hass auf andere Menschen Selbsthass ist, getarnter Selbsthass. Wer andere verachtet, kann sich selbst nicht mögen. Gegen die Verachtung wurde uns die Toleranz gepredigt, und in vielen Jahrhunderten, in denen sie alles andere als selbstverständlich war, hätte sie das Leben zwischen fremden Kulturen erträglicher gemacht. Doch ist sie wirklich die Lösung der weltweiten Probleme, die Toleranz? Obwohl ich pragmatisch bleiben will: Ich glaube, sie reicht nicht ganz. Denn Toleranz heißt: Duldung. Die Toleranz , so human sie ist, fordert uns auf, den anderen zu dulden. Mir ist das etwas zu wenig. Ich gehe mit Zeitgenossen wie dem wunderbaren Journalisten Georg Stefan Troller. Er wurde gefragt, warum er so viele Filme über Behinderte gedreht habe und über Strafgefangene. Er gab zur Antwort: "Weil wir alle irgendwie behindert sind. Durch den Krieg, durch die Eltern, durch enttäuschte Liebe." Und über die Gefangenen: "Es kommt darauf an, dass die Zuschauer sogar bei einem ihm fremden, anfangs ganz unsympathischen Menschen sagen: Das bin ja ich." Nicht also nur auf die Toleranz des mir Fremden, auf den Respekt vor ihm kommt es mir an. Denn der oder die andere, der oder die mir da auf der Straße im Rollstuhl oder in einem fernen Land begegnet: Der oder die andere könnte ich selber sein. Nur ein Zufall, nichts als ein Zufall hat es anders gewollt."
Sir Peter Ustinov, Achtung! Vorurteile
Rowohlt Taschenbuch 2009

Antworten Zuletzt bearbeitet am 20.07.2009 22:02.

Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Re: Das Bereitsein zur Toleranz - erlernbar? lehrbar?

von Bettina am 14.07.2009 10:50

Liebe Sigrid!
Viele Denkanstöße hast Du in Deinem Beitrag geliefert, einfach toll. Ein paar davon möchte ich gern aufgreifen und meine Gedanken dazu äußern.
Da ist als erstes Dein Zitat des Dalai Lama, seine Äußerungen über Mitgefühl und Zuneigung als die inneren Eigenschaften des Menschen, die Toleranz in die Welt zu bringen in der Lage sind. Ja, die Fähigkeit zu Mitgefühl und Zuneigung gegenüber anderen Menschen, das dürfte der Schlüssel sein zur Toleranz. Ebenso einleuchtend finde ich, dass es nicht ausreichen kann, Toleranz als moralische Pflicht verstanden zu wissen, dass wir mit einer solchen Haltung jedenfalls schnell an Grenzen stoßen. Allein vom Verstand her ist Toleranz wohl nicht erzwingbar. Was aber nicht bedeutet, dass wir unseren Verstand nicht immer einsetzen müssen! Denken hilft sehr wohl, ist aber eben nicht alles.
Also: Liebe und Mitgefühl auf der einen Seite, die Erlangung von Wissen und vielfältigen Fähigkeiten auf der anderen Seite - eine Balance zwischen diesen beiden Seiten wäre ideal.
Aber da beginnt auch schon meine Ratlosigkeit, fangen die Schwierigkeiten an. Liebe und Mitgefühl, wird uns das in die Wiege gelegt? Da ist es wohl vergleichsweise leichter, Wissen und Fähigkeiten zu erlangen.
Eine moralische Instanz, die uns Zuneigung und Mitgefühl lehrt, kann es die überhaupt geben? War es die Religion jemals wirklich? Konnte / kann diese nicht bestenfalls soetwas wie moralische Pflichten lehren? Aber daraus (siehe Dein Zitat des Dalai Lama) kann sich eben kaum dauerhafte, stabile Toleranz anderen Wesen gegenüber entwickeln.
Aber auch wenn ich den Weg nicht weiß, der uns Menschen zur Erlangung von Mitgefühl und Zuneigung bringen kann, diese Eigenschaften (gepaart mit Wissen, mit Wachheit und Neugier) halte ich für ideale und erstrebenswerte Voraussetzungen für Toleranz.
Die Frage Wem schadet das?, die Du anhand von Beispielen in Deinem Beitrag so schön erörtert hast, liebe Siegrid, die halte auch ich für sehr nützlich. Im Alltag kann es sehr hilfreich sein, bei der Beurteilung einer konkreten Sache, sich ersteinmal diese Frage zu stellen. Sie ist einfach, jeder Mensch dürfte in der Lage sein, sie sich zu beantworten, bevor er ein Urteil über etwas abgibt. Und es ist ein Beispiel dafür, dass es möglich ist, jedenfalls ein Stückchen weit Toleranz zu trainieren.
Noch zu einem Punkt möchte ich etwas anmerken, liebe Sigrid. Vielleicht habe ich Dich ja auch nicht richtig verstanden. Aber falls doch, kann ich nur Protest einlegen: Das Bedürfnis, geliebt zu werden, kann ich niemals opfern. Es ist ein menschliches Grundbedürfnis, das ich nicht opfern darf, denn das wäre unmenschlich mir selbst gegenüber. Und ohne Liebe (auch zu mir selbst!) kann ich auch keine Fähigkeit zu Mitgefühl und Zuneigung anderen gegenüber haben.
Ganz anders sieht es aus mit dem Bedürfnis, beliebt zu sein. Das muss ich unbedingt hinterfragen - und opfern. Denn beliebt sein zu wollen bei allen Menschen, mit denen ich irgendwo zu tun habe, richtet sehr schnell Schaden an. Ich würde dann leicht dahin kommen, es immer gerade den Menschen recht zu machen, die in meiner Nähe sind und zwangsläufig gleichzeitig andere Menschen verraten. Dessen muss ich mir bewusst sein und handeln, also mich wo nötig unbeliebt machen.
Aber zurück zur Toleranz-Frage. Ich bin sehr skeptisch, wieweit Toleranz für jeden Menschen erlernbar ist, glaube auch nicht, dass es möglich ist, dies über eine, wie auch immer geartete, moralische Instanz zu steuern. Aber mich selbst immer wieder in Frage stellen, mir Offenheit und Neugier erhalten, das kann ich zumindest trainieren, im Bewusstsein meiner eigenen Unzulänglichkeit mich immer wieder darum bemühen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 14.07.2009 10:54.

Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von Bettina am 17.05.2009 11:52

es ist schon ein langer Weg auf der Spur der eigenen Ehrlichkeit und Wahrheit zu sich selbst.

Liebe Sigrid, dieses Zitat aus Deinem Beitrag vom 11.5. passt so gut als Ergänzung zu dem, was ich eben geschrieben habe, deshalb stelle ich es als Nachtrag noch hier unter.

Antworten

Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Re: Das Wahrheit-Sagen. Nur ein paar Zitate

von Bettina am 17.05.2009 11:37

Liebe Sigrid!
Der von Dir zuletzt angeprochene Aspekt, was ist, wenn ich verletzt w e r d e ist äußerst wichtig. Was ist es denn eigentlich, das Verletzt-Werden?
Ich empfange eine Botschaft, sie löst bei mir Gefühle aus. Keine guten, wenn ich mich verletzt fühle. Nun bin ich vielleicht versucht, "zurückzuschlagen", indem ich meinerseits Verletzungen austeile, also beispielsweise eine Schuldzuweisung an den Anderen / die Andere gebe. Oder ich versuche, mich zu rechtfertigen. Oder ich weise mir selbst die Schuld zu.
In allen drei Varianten wird das zu keiner Problemlösung führen. Denn in allen drei Varianten (Schuldzuweisung, Rechtfertigung, schlechtes Gewissen) vermeide ich es, in mich "hineinzuhören" und herauszufinden, was meine Bedürfnisse in der Angelegenheit sind, die gerade - in einer Weise, die ich vielleicht als verletzend oder anmaßend empfinde - auf die Tagesordnung gekommen ist u n d ich vermeide dann auch, herauszufinden was in der Botschaft des Menschen steckt, der mir etwas mitteilen wollte. Welche Bedürfnisse wollte dieser Mensch äußern? Nur wenn es mir gelingt, das zu "übersetzen" und zugleich mir selbst auf die Schliche zu kommen, nur dann kann ich etwas umwandeln: eine Eskalation in einen Gesprächsansatz, wo es möglich ist, einander zuzuhören.
Im Grunde gilt auch hier: nur wenn es mir gelingt, ganz dicht bei mir selbst zu bleiben, habe ich eine Chance. Denn ohne Ehrlichkeit mir selbst gegenüber wird es mir auch nicht gelingen, zu entschlüsseln, was mein Gesprächspartner / meine Gesprächspartnerin mir eigentlich sagen wollte. Und dann könnte ich auch kein Gepräch in eine Richtung lenken, die es ermöglicht, einander zuzuhören, eventuelle Interessenkonflikte zu erkennen und einen für beide Seiten akzeptablen Kompromiss zu finden.
Also bleibt wiedermal der schwierigste Punkt in der Sache die Selbstbeobachtung und Selbsterkenntnis, also die Ehrlichkeit mir selbst gegenüber...

Antworten Zuletzt bearbeitet am 17.05.2009 11:43.
1  |  2  |  3  |  »  |  Letzte

« zurück zur vorherigen Seite