Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

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Bettina

64, Weiblich

Beiträge: 23

Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von Bettina am 19.04.2009 11:05

...zumindest nicht im Hinblick darauf, wie wir von anderen wahrgenommen werden. Auch wenn es so ist, dass viele Menschen mittleren Alters sich selbst als jünger aussehend als sie sind einschätzen (habe ich auf der yasni-Seite von Mario Wiegel gelesen), der Blick anderer ist in der Regel realistischer. Und das ist auch nur natürlich und in Ordnung so, nur mag ich mir das nicht so zurechtbiegen, als wäre es auch noch etwas Vorteilhaftes. Also, ich habe früher immer behauptet, ich kriege es überhaupt nicht mit, ob auf der Straße einer hinter mir herschaut. Aber wenn ich jetzt mit meiner Tochter unterwegs bin, bekomme ich sehr wohl mit, dass sie angesehen wird. Und durch mich kuckt Mann bereits hindurch als sei ich schon ausgemustert. Na, da habe ich mich selbst ertappt dabei, dass ich das dann doch nicht so toll finde.
Hierzu passend habe ich ein Sonett von Shakespeare gefunden. Er beschreibt den altersbedingten Verfall - der uns ja alle erwischt, wenn wir nicht vorher sterben - ganz ohne Beschönigung. Allerdings, seine Lösung für dieses Dilemma finde ich persönlich nun überhaupt nicht tröstlich. Er schlägt vor, rechtzeitig ein Kind zu zeugen, welches dann Schönheit im Sinne von Jugendlichkeit und sexueller Anziehungskraft weiterträgt, auch wenn man selbst es nicht mehr ist.
Hier also nun Shakespeares 2. Sonett, ins Deutsche übertragen von Martin Flörchinger:

Wenn vierzig Winter Dein Gesicht verheeren
Und tiefe Furchen in die Stirn Dir graben,
Wird Deine Schönheit, die wir jetzt verehren,
Den Wert von weggeworfnem Kehricht haben.

Wenn man dann fragt: Soll das die Anmut sein,
Die uns einst so beglückt in frohen Tagen,
Der eingefallnen Augen trüber Schein?
Das wäre Schand' und Spott - nicht zu ertragen!

Du hättst von Deiner Schönheit mehr Gewinn,
Könntest Du sagen: Hier, mein zarter Erbe
Macht alles gut, verdeckt, was ich jetzt bin,
Die Schönheit bleibt, auch wenn ich selber sterbe.

Du bliebest jung, und wärst Du noch so alt,
Dein Blut ränn' warm - und schien Dir's noch so kalt.

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Hans

75, Männlich

Beiträge: 14

Re: Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von Hans am 21.04.2009 20:34

Liebe Bettina,

ich werd jetzt 60 und bin manchmal noch unsicher, wie ich das finde. Was meinen Körper angeht, mag ich das Altern nicht. Da bin ich allerdings selbst mit dran schuld, weil ich weder Sport mag noch das Rauchen lasse. Und eine dicke Krebsoperation (aber nix Akutes mehr) vor 10 Jahren hat mich auch nicht verjüngt ;-)

Wenn ich mich schon mal in jüngere Jahre zurückträume, zucke ich nach kurzer Zeit zusammen: Der jüngere Hans hatte zwar tolle Erlebnisse, aber der alte hat einfach den besseren Inhalt. Hab mir zwar auch schon mal vorgestellt, unter Beibehaltung meines jetzigen Wissens 18, 30 oder 40 zu sein, die Imagination verlor aber ganz schnell ihren Reiz; und zwar umso schneller, je jünger ich mich machte. Bei mehr als 10 Jahren rückwärts bekam ich das Gefühl, dass das in einer schmerzhaften Isolation enden müsste. Der Jungbrunnen funktioniert nur ganzheitlich, und der Preis wäre mir zu hoch.

Gelegentlich grantig, manchmal traurig, öfter aber auch gelassen akzeptiere ich deshalb den Vorgang. Außerdem hab ich das Gefühl, dass noch paar Abenteuer warten, die das Alter voraussetzen, sonst erlebt man sie nicht. Vielleicht ist auch das Sterben so ein Abenteuer, wenn man das Glück hat, es alt zu erleben.

Ach ja, noch was: Die Jungs, die durch dich hindurch gucken, wissen (noch) nicht, wie auf-, an- und erregend eine Frau mit 50 oder 65 sein kann. Vermutlich auch mit 70 und mehr, aber das muss ich noch herausfinden, wenn mir die Zeit bleibt :-)


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Esther
Gelöschter Benutzer

Re: Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von Esther am 22.04.2009 21:50

Oh Hans - das hast du schön gesagt. Manchmal erscheinst du mir fast weise. Hast wirklich tief geblickt. Zumal ich mir erlaube, stellvertretend für viele Frauen im "fortgeschrittenen Alter" zu sagen:
Es ist gut. Es ist sehr oft besser als vorher. Das Selbstverständnis ist der beste Freund und das aus all den Jahren geschöpfte Selbstbewusstsein hat eine 1a-Qualität, spießt sich nicht an eigenen und fremden Äußerlichkeiten. Der Sex einer in die Jahre gekommenen Frau sprengt die Dimensionen der jugendlichen Aufgeregtheit. Manche Männer und Frauen wissen das.

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SigridEbert

71, Weiblich

Beiträge: 24

Re: Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von SigridEbert am 23.04.2009 00:27

Liebe Bettina, bin jetzt gerade seit vier Monaten 56 Jahre alt und habe, bevor „es“ soweit war, zum ersten Mal wirklich darüber nachgedacht wie ich das denn finde. Mein Blick in den Spiegel hat mir natürlich gezeigt, dass sich das ein oder andere verändert hat, und dass ich mich damit nicht so richtig anfreunden will, habe ich wohl auch registriert. Das mir auf der Straße die Jünglinge nicht mehr so begehrlich nachschauen ist mir auch schon mal aufgefallen. Dafür tun es mit viel Freude die „älteren Semester“ – so ändern sich die Zeiten! ;-)

Aber dann habe ich mir bei meiner Innenschau meines fortschreitenden Alters betreffend mal die Frage gestellt ob ich den wirklich bereit wäre mit einer 20 oder 30 jährigen Frau zu tauschen? Und da ist doch wirklich erstaunliches zu Tage getreten – nein, ich würde es um nichts in der Welt wollen! Denn das was mich heute aus macht, und das was ich heute erleben und leben darf, dass hätte ich als 20 oder 30 jährige Frau nicht erleben können! Einfach weil ich damals noch nicht so weit war! Und das betrifft alle Bereiche des Lebens – erst jetzt mit meinem Wissen vor allem über mich selbst kann ich Leben in einer Tiefe erfahren, die vorher nicht möglich gewesen wäre, und dass ist mir so wertvoll, dass ich es um nichts in der Welt hergeben wollte! Und auch Liebe und Sexualität hat in meinem Alter eine völlig andere und neue Dimension bekommen, die eben nur in diesem Alter mit dieser „Reife“ möglich ist. Auch das ist etwas, dass ich nicht mehr missen möchte!

Ich kann also Hans und Esther nur beipflichten – in unserem Alter gibt es eine andere, tiefere „Erlebnisfähigkeit“ und die ist mehr wert als faltenfrei zu sein und von Jünglingen begehrt zu werden! ;-) Ich will jedoch gerne zugeben, dass es eine Weile dauern kann, bis frau dahinter kommt, denn gerade wir werden ja von den Medien rund um die Uhr darüber belehrt wie wir zu „sein und auszusehen“ haben um noch wahrgenommen und begehrt zu werden! Es ist schon ein „Befreiungsschlag“ notwendig, um zu sich selbst zu finden und sich in unserem Alter neu zu definieren. Aber genau diese auftauchenden Fragen und Gedanken, die du hast, werden letztlich dazu führen:-)

Antworten Zuletzt bearbeitet am 23.04.2009 00:31.

Prignitzer43
Administrator

80, Männlich

Beiträge: 35

Re: Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von Prignitzer43 am 23.04.2009 04:01

Hans, Esther, Sigrid, ich sag's frei heraus: Ich kann Eure gewisse Abgeklärtheit oder auch nur Gelassenheit bezüglich des Alterns nicht teilen. Ich sag' allerdings ebenso frei heraus, dass ich Euch Eure Einstellungen zum Altern sowohl zugestehe, als auch gönne. Sage aber desgleichen frei heraus: Eure Worte les' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Und "weise" kann ich das schon gar nicht nennen. Aber davon einmal abgesehen, kann ich nicht behaupten, dass mich mein sexuelles Erleben und meine Orgasmen bei güldenem Sonnenuntergang (ums "poetisch" zu formulieren) in tiefere Tiefen reißt, als es mir bei flirrendem Sonnenaufgang oder bei grellster Mittagssonne zuteil wurde. Ich genoss und genieße immer in vollen Zügen, nur genoss ich schon mal grenzenloser, nahezu grenzenlos, und von diesem "nahezu grenzenlos" bin ich, alternd oder gar alt, inzwischen betrüblich weit entfernt, und damit meine ich jetzt nicht meine Potenz, obwohl ich, der ich im Juni 66 werde, womöglich auch irgendwann von ihr reden muss, rede ich von den Grenzen, in die mich das Altern oder Altsein manövriert, und das ist mir auch keine vergnüglich Aussicht, aber: Kommt Zeit, kommt Rat, oder auch nicht, doch reicht's allemal, wenn ich mich damit auseinandersetze, wenn's anliegt. Ich halt's da mit Albert Einsteins Aussage: "Ich denke niemals an die Zukunft. Sie kommt früh genug." Also bleibe ich bei der Gegenwart und bei der Vergangenheit, und wenn ich die Gegenwart mit der Vergangenheit vergleiche: Warum soll ich die Zeit nicht für wertvoller halten, in der ich mich sexuell nahe grenzenlos tummeln konnte, weil mir nahezu jeder... und ich Schwuler sage bewusst 'jeder'... also nahezu jeder gefolgt ist, nach dem ich Verlangen hatte. Sprich: Allein meine Lust machte die Auswahl. Und das kann ich nun wahrlich nicht mehr behaupten! Ich bin, je älter ich werde, für einen immer größeren Teil der Menschheit erotisch entwertet, und wenn ich''s leugnete, lügte ich mir eins in die Tasche, und wenn ich behaupten würde, dass mir meine fortschreitende erotische Entwertung und die daraus resultierenden immer geringeren Möglichkeiten sexueller Begegnungen nichts ausmachten, belügte ich Euch. - Nein, gerade was das Sexuelle betrifft, kann ich keine Vorzüge des Altwerdens erkennen. Mich hindert das Altwerden oder Altsein an meiner mich ausmachenden Lebensgier, die ich mit dem Satz umschreiben könnte (der nicht von mir erfunden ist): Genug ist nie genug. Ich gestatte aber jedem und jeder, das dies nicht sein/ihr Lebensmotto ist. Doch ich gehe von diesem Motto nicht ab; eher verfluche ich das Altwerden. Denn ginge ich, ich(!), davon ab, hätte ich das Gefühl, ich stürbe vor der Zeit. Und das gestatte ich mir nicht. Auch wenn's womöglich nicht weise ist.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 23.04.2009 04:09.

Kirsten

59, Weiblich

Beiträge: 54

Re: Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von Kirsten am 23.04.2009 14:18

Hallöchen :)

Vielleicht, vielleicht, vielleicht....

... liegen die Unterschiede zwischen uns gar nicht im "Älter werden", sondern im "jung gewesen sein"?
Ich war fast nie so, dass ich meine Lust mit Diesem oder Jener ausleben wollte. Ich war nur sehr kurze Phasen in meinem bisherigen Leben "sexuell attraktiv" für die meisten Menschen. Mir haben sie praktisch nie "nachgeschaut" egal ob alt oder jung, Mann oder Frau...

Es war mir nie wichtig. Die wenigen kurzen Phasen habe ich mal ausprobiert, fand sie eher anstrengend, jedenfalls nicht unbedingt erstrebenswert. Zumal ich nie darauf aus war, potentielle SexualpartnerInnen zu finden. Die meiste Zeit meines Lebens verbrachte ich in Beziehungen und außer sehr gelegentlichen Abenteuerchen am Rande war meine Sexualität auf mich und meinen Partner/meine Partnerin ausgerichtet. Andere Interessenten empfand und empfinde ich eher als lästig...

Vielleicht vermisse ich es deshalb alles nicht?

Ist nur so eine Idee.... keine Ahnung ob es das sein könnte... aber wenn ich Euch, Bettina und Hermann, so lese, finde ich mich so gar nicht wieder. Mein Leben war nie so...

Wobei, am Rande bemerkt... *Räusper*... ich schaue vielleicht einem Menschen von 10000 nach, weil ich ihn/sie interessant/attraktiv finde. Und Euch würd ich nachschauen... grad euch... aber nicht, nach denen auf Euren "Jugendfotos", sondern denen, die ihr jetzt seid... seltsam, oder? Na ja, vielleicht bin ich aber auch sowieso irgendwie anders ;)

Lieben Gruß

Kirsten

Doch wenn ich vor der Dummheit die Augen verschlösse, wäre ich mit dafür verantwortlich, dass sie ins Kraut schießt.
Die wuchert nämlich schon beim Hingucken, aber was glaubt Ihr, wie die wuchert, wenn Ihr wegguckt
(Hermann Prignitzer)

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SigridEbert

71, Weiblich

Beiträge: 24

Re: Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von SigridEbert am 23.04.2009 17:21

Lieber Hermann,

ich denke dass wir einfach anders sind, zumindest bin ich das! Zunächst bin ich Frau und als solche schon mal per se anders als ein Mann, dann bin ich nun mal heterosexuell durch und durch ;-) und auch das macht mich anders, im Vergleich zu einem homosexuellen Mann.

Unter meinen engeren Freunden gibt es einige homosexuelle Männer und von intensiven Gesprächen mit diesen auch und vor allem über Sexualität im Allgemeinen und im Besonderen weiß ich sehr wohl dass es da gravierende Unterschiede gibt was Männer und Frauen und auch was homosexuelle und heterosexuelle Menschen angeht. Ich fand das immer sehr interessant anderen Lebenskonzepte und Sichtweisen kennen zu lernen und im Bezug zu meinen Ansichten und Vorlieben zu sehen.

Mir war nie an rein sexuellen Beziehungen gelegen, will nicht behaupten, dass ich nie welche hatte, doch mir war das irgendwann zu anstrengend zu oberflächlich, zu langweilig und zu fad. Als ich das feststellte habe ich es einfach gelassen. Dass homosexuelle Menschen da eine völlig andere Haltung haben und natürlich auch heterosexuelle Menschen, ist mir wohl bewusst und das finde ich auch in Ordnung – ist nur nicht meins.

Was den Spaß und die Freude an der Sexualität angeht, kann ich nur sagen, dass davon in meiner Jugendzeit keine Rede sein konnte und auch später als erwachsene Frau war die Freude eher begrenzt. Das lag vor allem darin begründet, dass ich meinen Körper nicht gut genug kannte und dass das Reden über Sexualität in der Beziehung nicht Tagesordnung war.

Aus heutiger Sicht würde ich sagen, es war ein ziemlich naiver Umgang mit Sex und Körper, ich war jedoch mit dem zufrieden was war.

Wie gesagt, irgendwann ging mir auf, dass es das nicht ist, was ich will, und ich begann damit heraus zu finden, was ich denn nun will und wie ich es will. Dabei habe ich ne Menge ausprobiert (bin nun mal Praktikerin, theoretische Ausflüge bringen mir nicht viel) ;-) und habe so letztendlich heraus gefunden was für mich am besten ist.

Das heißt aber nun noch lange nicht, auch einen Partner zu haben mit dem das möglich ist, besonders wenn die individuellen Wünsche nun mal einfach nicht zusammen passen wollen. Nun könnte ich mir ja einfach einen anderen Partner „nehmen“ und von vorne anfangen, doch wie bereits gesagt, an rein sexuellen Begegnungen war ich nie interessiert, und daran hat sich bis heute nichts geändert!

„Ich bin, je älter ich werde, für einen immer größeren Teil der Menschheit erotisch entwertet“ dass Hermann kann ich für mich nicht bestätigen. Auch jetzt als 56 jährige Frau kann ich mich nicht beklagen, was gewisse Angebote diverser Männer angeht, und darunter ist auch der eine oder andere 20 Jahre jüngerer Mann zu finden. Der Punkt ist nur, ich bin nicht interessiert! Ich will einfach mehr - ich bin „scharf“ auf den "ganzen" Mann, nicht nur auf sein Geschlechtsorgan! Das wäre mir viel zu wenig! Ich will Geist, Intellekt, Esprit, Auseinandersetzung, Spannung, Liebe, Nähe, Zärtlichkeit und Sexualität! Und genau das können die meisten nicht liefern und Jüngere schon mal gleich gar nicht! Liegt auch nicht in ihrem Interesse – verständlicherweise!

Aber in meinem! Das ist doch der Punkt!

Glücklicher Weise ist ein solcher Mann vor einiger Zeit vom Himmel gefallen - direkt vor meine Füße! Habe mich verliebt wie noch im Leben, und das meine ich auch so, da ich ja einige Vergleichsmöglichkeiten habe. Ich weiß jetzt einfach mehr über mich, über das was ich will, und wie ich „gestrickt“ bin. Konnte also auf ganz andere Weise entscheiden, ob ich dazu „ja“ sagen will – und ich wollte und habe „ja“ gesagt!

Inzwischen habe ich das Stadium des „Verliebt seins“ hinter mich gelassen und bin in eine gelassene tief empfundene Liebe gewechselt, die getragen ist vor allem von „den anderen verstehen zu wollen“ um ihn in seinem „so sein“ annehmen zu können. Das hätte ich als jüngere Frau nie gekonnt, dazu fehlte einfach zu viel noch an Erfahrung und auch an „Misserfolgen“ aus denen es noch zu lernen galt. Das meine ich auch in Bezug auf Sexualität!

Deshalb kann ich sagen, dass Liebe und Sex für mich jetzt mit 56 eine tiefere Dimension haben und dass meine „Erlebnis- und Empfindungsfähigkeit“ eine ganz andere ist, die ich so als jüngere Frau nie erfahren habe! Deshalb kann ich sagen, dass ich nicht tauschen wollte mit einer 20 oder 30 jährigen Frau, oder mir wünschte in dieses Alter zurückkehren zu können. Mal ganz davon abgesehen, dass es wissenschaftlich erwiesen ist, dass Frauen ab 50 in der Tat eine höhere sexuelle Empfindungsfähigkeit haben und orgasmusfähiger sind als jüngere Frauen. Das ist allerdings ein rein weibliches Phänomen und auf Männer nicht übertragbar. Es soll unter anderem mit der Tatsache zusammen hängen, dass wir in diesem Alter in aller Regel nicht mehr schwanger werden und so wesentlich gelassener und entspannter Sex haben können.

„Eure Worte les' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Ja Hermann, dass will ich dir gerne glauben, schaust du doch dieses Thema betreffend aus einem ganz anderen Blickwinkel in die Welt.

Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ich jetzt mit 56 eine neue Liebe leben und erleben darf, und das ich mich geliebt fühle so wie ich bin, eben auch mit meinen altersbedingten „Makeln“ ja dass das nicht einmal eine Rolle spielt, weil auch "er" eine „altersbedingte“ Sicht hat und er nicht den „makellosen Körper“ sexy findet, sondern sexy ist vor allem (wie auch die von mir so vermissten Dinge) Geist, Intellekt, Esprit, Auseinandersetzung, Spannung, Liebe, Nähe, Zärtlichkeit und Sexualität, die im anderen ihr Gegenstück finden.

Wo soll denn das ein/e 20 oder 30 Jährige/r hernehmen? Sind wir in dem Alter doch erst auf dem Weg, und manch einer kommt ja auch nie an. Siehe 50 bis 80 Jährige, die eine 20 Jährige heiraten, oder umgekehrt, soll es ja auch geben! Ist auch in Ordnung – ist nur nicht meins. Ich will was anderes – und ich habe was anderes – einen „ganzen“ Mann!

Antworten Zuletzt bearbeitet am 24.04.2009 00:00.

Esther
Gelöschter Benutzer

Re: Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von Esther am 23.04.2009 20:54

Oh, da muss ich mich auch noch mal kurz melden, bevor ich für ne Weile nach Italien abzische.
Sigrid, du hast Vieles zum Ausdruck gebracht, das ich genauso empfinde.

Ich möchte all Jenen, die das Alter als so destruktiv empfinden, eine grundsätzliche Frage stellen:
Was erwartet ihr euch eigentlich von dieser Einstellung? Die letzten Jahre ziemlich mies? Warum wollt ihr dann nicht gleich sterben? Leben ist Lernen, ist Weitergehen, ist Annehmen. Das Altern beginnt nicht irgendwann vielleicht Mitte vierzig. Man altert ständig und man geht ständig weiter (oder auch nicht, was aber zu einer gewissen Bewusstseinseinschränkung führt). Ein Bauer, der im Herbst jammert, dass der Frühling nicht mehr da ist, hat irgendwas Wesentliches nicht mitgekriegt. Ein Mensch, der seiner Jugend hinterher trauert, mitnichten. Das Leben umfasst nun mal alle Jahreszeiten.

Für mich haben diese Jugend-Lobhudeleien in gewissem Maße auch mit Unwahrhaftigkeit zu tun. Unwahrhaftigkeit im Sinne von sich selber nicht begleiten auf der eigenen Lebenszeit, irgendwann nur mehr die einstige ästhetische Hülle wahrnehmen wollen - kurz die Weigerung, sich mit all den zurückgelegten Jahren und ihren äußerlichen und innerlichen Zeichensetzungen anzunehmen. Ein wesentlicher Aspekt für solches Verhalten ist wohl fehlendes Selbstbewusstsein. Wenn das eigene Ich nur aus der Reflektion auf die Gesellschaft und von der Gesellschaft lebt, hat es schon ein sprachliches Manko. Diesem "Ich" fehlt die Eigendimension, der Rückzug auf und die Auseinandersetzung mit sich selbst. Und dieser Eigenbezug, der Gang ins eigene Innen, sollte eigentlich schon in jungen Jahren stattfinden.

Denn was nicht drin ist, kann auch nicht nach außen dringen. Ganz einfach. Augen können nicht strahlen und anderen Menschen gefallen, wenn das Strahlen nicht wahrhaftig aus der Seele kommt. Doch wenn es so ist, dann zieht kein Alter eine Grenze für sexuelle Attraktivität. Vielleicht, meine Lieben, vergesst ihr einfach auf die wahrhafte Lebensfreude, die einen Menschen aus seinem Inneren strahlen lässt.

Na, und ob man gerade Jeden, der einem über den Weg läuft, vögeln will - ist Geschmackssache, meine ich. Hat aber nichts mit Homo- oder Heterosexualität zu tun. Habe ich früher öfters mal gemacht, hat meistens nur Ärger gebracht, weil ich die One-Night-Stands, die sich dann meist als sehr anhänglich entpuppten, wieder loswerden musste. Und weil das - ganz ehrlich gesagt - nicht unbedingt die besten Orgasmen sind. Man muss sich halt entscheiden, was man will. Sucht man Anerkennung über sexuelle Abenteuer oder sucht man seine eigene Lusterfüllung. Das ist eine Sexsache und wiederum keine Alterssache. Und männliche Potenz ist nicht die einzige Größe, mit welcher sich großartige sexuelle Zusammenkünfte gestalten lassen. Männliches Begehren und Selbstbewusstsein schon (ich spreche jetzt mal für mich als Frau). Es gibt zum Glück viele Möglichkeiten ..

Ja, und was ich mir heute wirklich erlaube und worauf ich stolz bin, ist eine Selektion. Eine Selektion der Menschen, denen ich Eintritt in mein Leben gewähre, die ich in mich reinlasse - so oder so. Ich würde nicht alles nehmen wollen, was sich mir bietet. Nicht, weil ich es nicht mehr kriegen kann - wie du, Hermann, die Dinge bezeichnest - sondern weil ich mir nur das nehme, was ich will. Weil ich weiß, was mir gut tut.



Antworten Zuletzt bearbeitet am 23.04.2009 21:30.

Warschauer69

54, Männlich

Beiträge: 4

Re: Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von Warschauer69 am 24.04.2009 02:22

Wilhelm, Du Feuerschlucker, Du Schlangenbeschwörer, Du G'ttlicher bei Tag und bei Nacht... oder sollte ich sagen: bei Nacht und dann erst bei Tag?;-)... ach, komm her und sei mir gegrüßt ob Deiner Wahrhaftigkeit, mit der Du allzeit lichterloh Brennender rundum Feuer auf Feuer entfachst und die Menschen dazu bringst, sich zu offenbaren und - zu verraten.

Tja, Frau H e b e i n, Sie kamen (mal wieder) nicht drumherum. - Trösten Sie sich, Sie sind nicht allein. Wilhelm hat schon ihrer Viele in Fallen tappen lassen.

Und fragen Sie jetzt ja nicht, wie ich das meine; seien Sie mit sich gnädig. Gönnen Sie sich diese Schamschwelle. - Wenigstens diese eine.




Ich knipse keines Menschen wegen das Licht meines Verstandes aus. Mein Verstand kann irren, aber das muss mir erst der Verstand eines anderen Menschen beweisen.(Hermann W. Prignitzer)

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Hans

75, Männlich

Beiträge: 14

Re: Die Vorzüge des Altwerdens kann ich nicht erkennen...

von Hans am 28.04.2009 20:35

Na, wenn Esther nicht soll, ich wage es mal: Bitte, lass mich an deiner Erkenntnis teilhaben, bin langsam wirklich neugierig auf deine Gedankengänge, falls es deine Schamschwelle nicht überschreitet.

Interessant die Sichtweise von Wahrhaftigkeit als Falle. Das eine ist eine Qualität, das andere eher ein Motiv. Natürlich kann auch Wahrhaftigkeit Mittel zum Zweck sein. Wenn der Zweck die Analyse meiner GesprächspartnerIn ist, könnte man sich auch über die moralische Qualität des Zwecks unterhalten. Aber ich gebe zu: Ambivalenz ist unvermeidbar.

Bin gespannt auf deine Offenbarungen. Darf ich um Wahrhaftigkeit bitten? ;-)

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